Hirschauer Bucht

Grabenstätter Chiemsee-Ufer

Geschichte der Hirschauer Bucht

Seit Jahrtausenden bringt die Tiroler Ache als größter Zufluss des Chiemsees unglaubliche Mengen an Geschiebe und Sand bzw. Schwebstoffe mit sich. Im Jahresdurchschnitt lagern sich derzeit rund 10.000m³ Kies und Geschiebe und mehrere 100.000m³ Sand und Schwebstoffe im Chiemsee ab.
Über die Jahre hinweg hatte sich durch die unmittelbar im Mündungsbereich der Tiroler Ache liegende Hirschauer Bucht zum „schönsten Badestrand des Chiemsees“ entwickelt, da v.a. bei Hochwasser die Bucht von Holz von Feststoffen im Wasser freigespült wurde und sich der feine Sand dort großflächig ablagerte.
Wie dramatisch und in welch kurzer Zeit sich die Hirschauer Bucht allein die letzten rund 50 Jahre verändert hat, zeigen die Bilder auf diesen Seiten.

Hauptgrund für diese Veränderung waren die nachfolgenden Wasserbaumaßnahmen:

 1873 bis 1879
Die große Achenkorrektur lies wenig ökologisches Verständnis erkennen. Statt dem geschwungenen Lauf des Flusses in gehörigem Abstand mit niedrigen Uferbefestigungen und Auwald bestandene Überschwemmungszonen von einigen hundert Metern Breite vorzusehen, hat man zwischen engen Deichen extrem begradigt.

1944
Bei einem Hochwasser riss die Ache das Ende des östlichen Deiches weg und verlagerte ihren Hauptarm nach Osten in Richtung Hirschauer Bucht. Die Natur schuf den Achenarm, dessen Renaturierung wir heute fordern. Ab dieser Zeit wurde wieder der feine Sand in die Hirschauer Bucht  gespült und  entwickelte sich der Badestrand, den viele der älteren Grabenstätter aus ihrer Kindheit in Erinnerung haben.

 Obwohl bereits 1956 wissenschafltich nachgewiesen worden ist, dass die natürliche Form des breit geschütteten Deltakegels auch vom wasserwirtschaftlichen Standpunkt aus die günstigste Situation darstellt (vgl. Jean Burz Deltabildung im Ammersee und Chiemsee 1956), wurde ...

1969
die Durchbruchstelle wurde wieder geschlossen. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen war enorm:

 1. Beginn der Verschlammung und beschleunigte Verlandung der Hirschauer Bucht

Der bisherige Eintrag von feinem Sand über den Hirschauer-Bucht-Achenarm und die umfassende Reinigung bei Hochwasser von Holzstämmen, Müll, Schwebstoffen etc. entfiel.  Tausende von Kubikmetern Holz und Schlamm lagern sich seither dort ab und führen zu beschleunigter Verlandung und Verschlammung.      Durch das Abtrennen des Achenarms entfiel auch die beständige Einbringung von „Frischwasser“ und Wasserbewegung, so dass das nunmehr weitgehend stehende Gewässer der Hirschauer Bucht, begünstigt durch das erhöht eutrophe Wasser aus dem dort mündenden Mühlbach, Rotgraben und Mooskanal, zu erhöhter Algenbildung und Verschlammung führte.

2. Es wurde ein Grundstein für die Überschwemmung im Juni diesen Jahres gelegt

Durch Abtrennung des Achenarmes wurde ein kontrollierter und zügiger Abtransport des Hochwassers verhindert. Kurz nach dem Dammbruch Anfang Juni wurde festgestellt, dass ein ganz erheblicher Höhenunterschied von mindestens 1m zwischen der Wasseroberfläche des abgetrennten Achenarms und der Ache bestand. Demgemäß versuchte die Ache auch bei diesem Hochwasser, wie 1944, den Achendamm zu durchbrechen und sich den Weg  Richtung Hirschauer Bucht zu suchen. Leider gelang ihr dies nur zu einem ganz geringen Teil, da der Zufluss mit riesigen Baumstämmen verstopft ist.
Während in der Zeit vor menschlichen Eingriffen die Tiroler Ache bei Hochwasser die mitgebrachten Materialien in den Auwäldern ablagern konnte, führte die kanalisierende  Maßnahme der Achenkorrektur zu einer Hochwassergefahr, die sich Anfang Juni
2013 dramatisch realisierte.  

3. Beschleunigte Verlandung und Entzug der Grundlage für die Auwälder

Weiter wurden durch die vorgenannte zu enge Bedeichung und die Schließung des Achenarmes der Ache die Möglichkeit entzogen, über größere Flächen kontrolliert Geschiebe und Sand abzulagern, so dass diese verstärkt in den Chiemsee gelangen  und dessen Verlandung beschleunigen. Schließlich wurde durch Trockenlegung mittels Dammbildung vor den Auwäldern und dem Achenarmverschluss den Auwäldern  die Grundlage weitgehend entzogen.

1985
führte die vorgenannte Entwicklung dazu, dass das Wasserwirtschaftsamt Traunstein einen Bauentwurf für die Öffnung dieses Altwasserarmes aufstellte („um der Ache eine räumlich begrenzte Möglichkeit zur Ausuferung einzuräumen und hierdurch wenigstens einen Teil des schwimmenden Unrats sowie die Schwemm- und Schwebstoffe zurückzuhalten, bevor sie den See erreichen“). 1990 wurde das Planfeststellungsverfahren aber ausgesetzt.

Die Entwicklung der Hirschauer Bucht seit Schließung des Achenarms und die dramatische Überschwemmung Anfang Juni diesen Jahres zeigen aber, der Vorstoß des Wasserwirtschaftsamts aus dem Jahr 1985 und der Vorstoß der Tiroler Ache selbst aus dem Jahr 1944 und erneut im Juni 2013, richtig waren und weiter richtig sind.
Die Veränderung der Hirschauer Bucht waren unserer Meinung nach nicht schicksalhaft sondern durch die vorgenannten Baumaßnahmen, zu enge Bedeichung und Schließung des Achenarms, bedingt. Die Fehler der Vergangenheit  können unserer Meinung nach mit einer  Zurückverlegung der Achendämme im Bereich nördlich der Autobahn bis zum Chiemsee sowie der Öffnung des Achenarms - wenigstens teilweise - wieder berichtigt werden.